In Luigi Cherubinis Kammerduetten für zwei Stimmen und Cembalobegleitung trafen wir in unseren Proben und Aufnahmen auf im Terzabstand geführte Koloraturen über mehrere Takte und Zeilen. Zu Beginn der Koloratur ist das Wort notiert und oft beginnt dann nach einem "Absatz" bzw. einer Mini-Zäsur eine zeilenlange Tonfolge für beide Stimmen. Als Sänger*in nimmt man natürlich für diese Folge den Vokal, der sich auch in den hohen Lagen rund und natürlich anhört: die Vokalise "a". Genau über solche Stellen entbrannte in unserer gemeinsamen Arbeit nun eine kleine Diskussion: was, wenn das Wort aber nun notiert ist - und u.U. ein "i" oder "e" zu singen wäre? Unser Cherubini-Experte Michael Pauser ist der Überzeugung, dass dann eben der Vokal des voran geschriebenen Wortes zu singen wäre. Klanglich ergibt das aber leider (auch aufgrund der höheren Gesangslage) keinen sehr runden und ausgewogenen Ton - oder das "i" bzw. "e" formt/färbt sich durch das Singen dann automatisch in dieser Lage zu einem "a". Hier scheiden sich nun die Geister. Und ich bin ganz ehrlich - ich halte es in solchen Fällen nicht für eine "Sängermarotte", wenn man dem Sängerinstinkt folgt und sich auch zu Beginn solcher Koloraturen schon für den Vokal "a" entscheidet. Gerade auch in solchen Passagen, wie ich sie zu Beginn geschildert habe: parallel geführt in zwei dicht besetzten Frauenstimmen.
Wie mochte das vom Komponisten wohl gedacht sein? Oder gab es für solche Passagen zur Zeit der Entstehung dieser Musik ein ganz anderes Klangideal, als das, von dem wir heute ausgehen?
(Foto: Alex Adler)